Die Diskussion um die Zukunft Blockchain-basierter Token ist im Verlauf der letztjährigen Baisse deutlich leiser geworden. War der Einbruch nach der vielfachen Verzehn- und teilweise Verhundertfachung der Kurse einiger Token auch nicht sonderlich überraschend, so hat er doch in vielen Geldbörsen tiefe Spuren hinterlassen.
Viele, die sich aus nachvollziehbaren Gründen an den Aufwärtstrend der Vorjahre hängen wollten und dabei ein paar Monate zu spät kamen, haben neben viel Geld schlussendlich auch das Interesse verloren. Das ist nachvollziehbar und dennoch schade, denn die Zukunftsaussichten für digitale Währungen sind nicht schlechter geworden.
Schlussendlich zeigt sich nach solchen Phasen lediglich, wer sich für eine technische Entwicklung interessiert und wer nur von einer Kursbewegung profitieren möchte. Letzteres finden wir nicht verwerflich, man sollte nur nicht die falschen Schlüsse ziehen. Auch in einem interessanten Sektor kann man sehr schnell sehr viel Geld verlieren - und umgekehrt.
Eine interessante Entwicklung der kommenden Jahre werden die Anstrengungen einiger Länder sein, ein digitales Währungssystem zu schaffen. Derzeit wird China und Russland nachgesagt, sie arbeiteten hart an einem solchen System. Man darf davon ausgehen, dass sie nicht die einzigen sind, die sich des Themas annehmen. Ein neu geschaffenes Währungssystem wird viele Vorteile und völlig neue Möglichkeiten mit sich bringen. Es wird aber wohl ganz anders aussehen, als sich das viele Krypto-Enthusiasten wünschen.
Aus rein technischer Sicht ist ein digitales Währungssystem nicht nur angesichts der fortschreitenden digitalen Vernetzung von Handels- und Zahlungsströmen eine logische Konsequenz. Es gibt zahlreiche Vorteile, einige dienen der Bequemlichkeit, andere lösen technische Probleme oder ermöglichen vollkommen neue Möglichkeiten der Abrechnung. So sind allein die Schaffung einer globalen, automatisierten Abwicklung von Zahlungen ohne Intermediäre oder die Nutzung von Micro-Payments wert, sich mit den neuen Möglichkeiten zu beschäftigen.
Zudem bietet eine solche Entwicklung die Gelegenheit zur Renovierung der derzeitigen geldpolitischen Werkzeuge, die doch sehr an die Keulen aus der Steinzeit erinnern. Daten liegen nicht in Echtzeit vor, daher basieren die Aktionen der Zentralbanken auf wenigen verlässlichen Informationen und viel Hoffnung. Dementsprechend sind die Erfolge in der Regel von ebenso zweifelhafter Natur wie ökonomische Prognosen.
So sehr sich viele Enthusiasten eine staatlich nicht kontrollierte Variante eines neuen Währungssystems wünschen mögen, so bleibt es doch unwahrscheinlich, dass sich eine völlig unregulierte Version durchsetzt.
Dazu ist zum einen die Gefahr, die für viele Länder vom Verlust der Hoheit über die eigene Währung ausgeht, zu groß. Andererseits sind die Vorteile einer vollkommen transparenten, digitalen Währung für viele Staaten viel zu reizvoll, als dass man diese langfristig ignorieren wird. Alles, was digitale Währungen an Vorteilen mit sich bringen, können auch Onkel Sam und seine Verwandten gut gebrauchen. Wer sich Hoffnungen darauf macht, eine freie Variante könnte sich gegen den Willen der Staaten durchsetzen, der unterschätzt neben deren Einflussmöglichkeiten auch die Bequemlichkeit der meisten Zeitgenossen.
Staaten können über Verbote mit hoher Wahrscheinlichkeit rasch ein Absterben unerwünschter Parallelwährungen herbeizuführen. Einige Enthusiasten mögen Freude daran finden, sich Gedanken über mögliche Um- und Auswege aus einem regulierten System zu machen und das Fachwissen, die Kreativität und Schaffenskraft dieser Menschen sind bewundernswert.
Die meisten Menschen werden diesen Weg jedoch allein aus Bequemlichkeit nicht gehen. Sie wollen schnell und einfach bezahlen und machen sich eher Gedanken darüber, was sie als nächstes kaufen und nicht wer welches Zahlungssystem missbrauchen könnte. Milliarden Menschen nutzen auch Facebook & Co oder schicken sich private Fotos per WhatsApp ohne auch nur daran zu denken, deren AGB zu lesen.
Neben den offensichtlichen Vorteilen für die Staaten, wie etwa die Schaffung eines unausweichlichen und hochflexiblen Steuersystems, das in Echtzeit funktioniert, sind es wohl leider die dunkleren Seiten der Macht, die so manchen verlocken. Mal eben die Konten von Herrn S. abschalten, weil er im falschen politischen Verein ist? Kein Problem. Mal eben eine Sondersteuer oder einen kleinen Obolus von den Bürgern der Menge P einfordern? Just a microsecond, please!
Die Möglichkeiten der automatisierten, programmgesteuerten Einflussnahme sowie der ad-hoc Eingriffe sind bei der Nutzung eines permissioned distributed ledger unbegrenzt. Und genau so ein Modell wird die Basis für ein staatlich akzeptiertes digitales Währungssystem bilden.
In Russland und China ist das Thema nicht erst seit dem Treffen von Wladimir Putin mit Vitalik Buterin (Mitgründer und konzeptioneller Erfinder von Ethereum) auf der Agenda. Der ewige Dorn der Dollar-Hegemonie dürfte die Motivation in beiden Ländern sehr hoch halten, eine Alternative zu finden bzw. selbst eine global dominierende Digitalwährung ins Leben zu rufen.
Auch in Deutschland wird sich die Politik angesichts der geballten Softwarekompetenz im Bundestag und in den Landesparlamenten sicher schon bald mit dem Thema auseinandersetzen. Vorher muss man allerdings noch einsehen, dass das Verteilen von Tablets in Grundschulen nichts mit Digitalisierung zu tun hat. Aber der sichere Umgang mit Unterhaltungselektronik ist ja auch schon was. Der Unterschied zwischen der Nutzung und der Entwicklung einer Sache ist in vielen Köpfen ohnehin schon verwischt. Muss an der Hitze liegen.
Kommentare
Vielen Dank liebes Bankhaus für den Lacher des Tages !!!
Beste Grüße aus Sachsen
Anstatt die (immensen) positiven Möglichkeiten dieser Technologie zu beleuchten, wird dem korrupten System beigepflichtet und die Illegalisierung thematisiert.
Logisches Denken ist leider nicht vorhanden. Glauben Sie denn ernsthaft, dass sich die Bevölkerung (so bequem sie auch sein mag) von den Staaten die Taschen leeren lassen??? Vielleicht in einer (a) total kontrollierten Welt mit (b) 100% Internetzensur und (c) ohne Alternativen.
Aber wie realistisch ist das, wenn Sie doch selbst sagen, „die Kreativität und Schaffenskraft dieser Menschen [Krypto-Programmierer] sind bewundernswert“? Jeder freiheitseinschränkende Entwicklung in Sachen Digitalisierung wird nach Erreichen eines gewissen Schwellwerts mit GEBALLTER globaler Kreativität entgegenentwickelt. Beispiel ist hier das an Nutzer stark zuwachsende Telegram. Ein Messenger, wie (das inzwischen kontrollierte und zensierte) WhatsApp, mit neuen besseren Funktionen bei der Informationsverbreitung.
Komischerweise haben auch Unternehmen (wie aktuell Bosch, VW, Fujitsu, Jaguar,…) ein Interesse an freien, dezentralen Kryptos. Machen sie sich doch einmal schlau, weshalb und denken Sie dann noch einmal über ein Verbot von Staaten nach. (Hinweise dürfen sie gerne in nachfolgenden Kommentaren der aufgeführten Links auf die Spur gehen.)
(...)* an den markierten Stellen wurde dieser Kommentar moderiert.
https://www.cashkurs.com/cashkurs-tv/beitrag/usa-vs-china-militaerische-auseinandersetzungen-nehmen-zu-wirtschaftsfrieden-in-sicht/
https://www.cashkurs.com/cashkurs-tv/beitrag/tagesausblick-vom-21-november-2018-allgemeiner-risk-off-modus/
https://www.cashkurs.com/hintergrundinfos/beitrag/gold-bitcoin-regulierung-und-die-krypto-insel-malta/
https://www.cashkurs.com/wirtschaftsfacts/beitrag/krypto-crash-der-vermeintliche-gewinner/
https://www.cashkurs.com/cashkurs-tv/beitrag/tagesausblick-vom-15-august-2018-meinungszensur-fuehrt-in-den-faschismus/
https://www.cashkurs.com/cashkurs-tv/beitrag/krypto-fans-im-gespraech-interview-von-helmut-reinhardt-mit-dr-julian-hosp/
https://www.cashkurs.com/cashkurs-tv/beitrag/tagesausblick-vom-30-mai-2018-europa-befindet-sich-in-einer-existenziellen-krise/
https://www.cashkurs.com/wirtschaftsfacts/beitrag/biz-kryptos-koennten-internet-zusammenbruch-hervorrufen/
https://www.cashkurs.com/beitrag/Post/stromausfall-kryptos-sind-keine-krisenwaehrung/
https://www.cashkurs.com/cashkurs-tv/beitrag/tagesausblick-vom-10-januar-2018-sorglosmodus-doch-steigende-zinsen-bergen-grosse-gefahr/
https://www.cashkurs.com/cashkurs-tv/beitrag/tagesausblick-vom-19-dezember-2017-finale-abstimmung-ueber-die-us-steuern/
https://www.cashkurs.com/beitrag/fed-vize-randal-quarles-fuerchtet-bitcoin-meine-antwort-hierauf/
Hihi. Der war gut...
Jetzt wo die Grünen im Vormarsch sind fällt das ohnehin unterirdische Bildungsniveau ins bodenlose.
danke für Ihren Kommentar, den wir allerdings inhaltlich nicht nachvollziehen können. Der Artikel pflichtet weder einem System bei, noch unterschlägt er die Vorteile der technologischen Entwicklung. Es legt lediglich dar, dass wir es für naiv halten anzunehmen, die Staaten würden ein nicht-staatlich reglementiertes digitales Währungssystem einfach so hinnehmen ohne gegenzusteuern.
Wie gehen Staaten vermutlich damit um? Der Weg, die Nutzung eines parallelen Währungssystem für illegal zu erklären ist ein erwartbarer Weg. Erwartbar bedeutet nicht, dass wir dies befürworten. Es gibt viele Wege, dies zu gestalten. Die Nutzung kann unter Strafe gestellt werden, die Konvertierung in Fiat kann verboten werden oder man klärt das ganze über steuerliche Regelungen.
"Jeder freiheitseinschränkende Entwicklung in Sachen Digitalisierung wird nach Erreichen eines gewissen Schwellwerts mit GEBALLTER globaler Kreativität entgegenentwickelt."
Hier kommt das Thema Bequemlichkeit ins Spiel: Wir möchten anmerken, wie wenige Menschen sich aktiv um eine Verschlüsselung von E-Mails kümmern, obwohl das seit den 90er Jahren mittels PGP simpel zu bewerkstelligen ist. Es nutzen anteilig auch nur wenige Menschen Linux. Das finden wir schade und angesichts der mittlerweile absolut massentauglichen Nutzbarkeit vieler Distributionen durchaus erstaunlich, allerdings ist die Bequemlichkeit ein wichtiger Parameter, der den Regulierern in die Hände spielt. Das ist zwar bitter, vor allem für die zahlreichen Entwickler, die das beste wollen, aber real. So ist das mit großen Entwicklungen. Auch Alfred Nobel hatte nicht alle Facetten der Nutzung von Dynamit vor dem geistigen Auge.
Beste Grüße
Bankhaus Rott
Zugegeben, mein Kommentar war etwas emotionsgeladen…
Ich kann allerdings nicht nachvollziehen, wie sich Cashkurs mit freien Kryptowährungen meist nur negative konnotiert auseinandersetzt. In ihrer Funktion als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel sind sie in vielfacher Hinsicht mit Bargeld und Gold vergleichbar (z.T. sogar überlegen) und diese werden von Cashkurs doch auch nicht bei jeder Gelegenheit „verteufelt“. Im Gegenteil, Cashkurs klärt Ihre Nutzer auf, wie sie sich vor potentiellem „staatlichem Diebstahl“ schützen können.
Natürlich haben Staaten etwas dagegen, wenn die Bevölkerung werthaltige Dinge besitzt, die sich staatlicher Kontrolle entzieht - mit denen also trotz Verbot (!!!) gehandelt werden kann und uns vor staatlichem Geldmissbrauch schützt. Aber (mal abgesehen davon, dass sich nicht alle Staaten regulatorisch im Gleichlauf befinden) was können Regierungen ernsthaft dagegen unternehmen? Und was raten uns Finanzexperten, wenn es darum geht, uns vor solchen Szenarien zu schützen?
Staatlich kontrolliertes Bargeld kann natürlich von Staaten bedeutungslos gemacht werden, was ja auch zunehmend auch passiert.
Gold und Silber können Staaten verbieten und z.B. beim Verlassen eines Landes eincashen. Deshalb wird ja auch geraten Edelmetalle, so lange es noch erlaubt ist, anonym mit Bargeld zu kaufen und einen Teil im Ausland zu lagern.
Kryptos können (wie Sie sagen) verboten werden, indem Krypto-Fiat-Gateways und Krypto-Exchanges geschlossen werden. Großteils unterliegen diese ja auch staatlicher Kontrolle aufgrund von KYC und AML Gesetzten und der damit einhergehenden Registrierungspflicht. Bitcoin & Co. können aber auch legal mit Bargeld (z.B. an Bitcoin-ATMs) anonym gekauft und über Exchanges wie changenow.io ohne Registrierung getauscht werden. Der Vorteil zu Gold und Bargeld liegt darin, dass sie bei Hausdurchsuchungen oder Grenzkontrollen nicht beschlagnahmt werden können. Allein diese Eigenschaften rechtfertigen freie Kryptos in die Anlageentscheidung mit einzubeziehen und somit seitens Cashkurs aufzuklären…
Neben den monetären Gründen war mein eigentlicher Punkt aber, dass unternehmerisches Interesse einem staatlichen Verbot von freien Kryptowährungen diametral entgegensteht.
Unternehmen haben inzwischen erkannt, dass die Digitalisierung und das Internet der Dinge nicht ohne ein „Trustlayer“ im Internet auskommt. Sprich, einen freien, open-source Standard, der den sicheren und dezentralen Daten- und Wertehandel ermöglicht. Und nichts anderes sind freie Kryptowährungen. (Beispiel: https://youtu.be/hi1bQhRFYhk)
Was gesellschaftliche Bequemlichkeit angeht, sie ist eine Frage der Schmerzgrenze (deshalb „Schwellwert“) und gesellschaftliche Unwissenheit die Motivation für guten Journalismus.
Cashkurs kritisiere ich deshalb, weil sie in Sachen Krypto keinen guten, aufklärerischen Journalismus betreiben. (...)*
Schöne Grüße zurück!
* An dieser Stelle wurde der Kommentar moderiert.